Mittwoch, 1. Januar 2025

Zwischen Abschied und Neubeginn

Ein Jahr voller Wendepunkte, leiser Abschiede und innerer Heilung.

Als das Jahr begann, dachte ich, dass alles klar und sonnig werden würde – voller Hoffnung und Pläne. Doch das Leben hatte andere Wege, uns zu überraschen. So fand ich mich in den letzten Monaten auf einem Weg, der viele Wendungen nahm. Ein Jahr voller Prüfungen, aber auch der Stille, in der ich mich selbst neu fand. Das vergangene Jahr war von Gefühlen geprägt, die ich nicht in Worte fassen konnte, von Veränderungen, die in der Luft lagen, aber nie ausgesprochen wurden. Manchmal geht ein Weg ohne großes Aufsehen auseinander – nicht durch einen dramatischen Knall, sondern durch ein leises Verblassen, das unbemerkt bleibt. Auch ich habe mich verändert und dabei einen Teil von mir verloren. Manche Verbindungen zerflossen, wie Schnee, der in der Sonne schmilzt. Andere hinterließen tiefe Spuren, Wunden, die in ihrer Tiefe lange nicht zu heilen schienen.

Schon lange hatte ich ein distanziertes Verhältnis zu meiner Familie, doch 2024 habe ich endlich gelernt, es zu akzeptieren. Ich brauche keine Dramen mehr in meinem Leben.

Das junge Mädchen, das ich früher war, wird nun von der Stärke der Frau getragen und beschützt, die ich heute bin. Meine Nachtragendheit ist eine gefährliche Eigenschaft, doch ich schätze sie sehr in mir.

Vielleicht war es vor allem das Verdrängen der Wahrheit, denn tief in mir tut es immer noch weh. Ich habe versucht, die richtigen Antworten zu finden, so wie früher, als ich versuchte, einen Luftballon mit Papier und Leim zu einem festen Ganzen zu formen. Doch diesmal werde ich den Ballon nicht zerplatzen lassen, um das Ergebnis sofort zu sehen. Ich werde geduldig warten, dass er trocknet. Denn in den letzten Jahren war das genau mein Problem – ich hatte keine Geduld mit mir selbst.

Ich habe dieses Jahr längst erkannt, was tief in mir verborgen war: Etwas passt nicht mehr, und manchmal ist Loslassen der einzige Weg, um weiterzukommen. Doch dieser Abschied erforderte viel Mut. Als Mutter war dieser innere Konflikt noch viel schwieriger. Die Balance zwischen Stabilität und dem Straucheln im eigenen Leben zu finden, ist eine der größten Herausforderungen. Oft fühlte ich mich hin- und hergerissen zwischen dem Drang, stark zu sein, und dem Wunsch, einfach nur glücklich zu sein.

Dieses Jahr hat nicht nur die Gegenwart erschwert, sondern auch alte Wunden der Vergangenheit wieder zum Vorschein gebracht.

Besonders schwer fiel es mir, mich in Situationen zu fügen, in denen ich mich nicht mehr gesehen habe, in denen ich gezwungen wurde, eine Rolle zu spielen, die nicht zu mir passte. Wenn ich in solche Situationen gerate, werde ich fast schon egoistisch, um mein Überleben zu sichern. In diesem Jahr wurde ich auf genau diese Weise von der Person, die mir am nächsten stand, auf die Probe gestellt. Dieser Schatten hat einen großen Teil meines Lebens ab diesem Zeitpunkt bestimmt, vor allem jetzt als Mutter. Am schwersten wiegt es, wenn ich kein Verständnis erfahre und keine tröstenden Worte finde – im Gegenteil, oft fehlt das Mitgefühl.

Mein innerer Kampf, all diese widersprüchlichen Gefühle zu ordnen, fühlte sich oft wie Selbstverletzung an, weil ich mit meinen 31 Jahren nicht in der Lage war, für mich selbst einzustehen und meinen Standpunkt klarzumachen. Als ich es dann tat, wurde ich noch tiefer verletzt. Stiere sind bekannt für ihre Sturheit und Nachtragendheit. Wenn mich jemand verletzt, dann wird es das letzte Mal gewesen sein. Vertrauen kann nicht mehr entstehen. Es ist keine besonders schöne Eigenschaft, doch mein inneres Kind schrie lauter als je zuvor, und ich habe dieser Stimme zugehört.

Es gab viele Momente, in denen ich gezweifelt habe: Mache ich alles richtig? Genügt die Verbindung, die ich zu meiner Mozzarellakugel aufbaue? Oder wiederhole ich unbewusst die Fehler, die mir selbst so wehgetan haben? Jeder Blick, jedes Lächeln meines Kindes erinnert mich daran, wie wichtig es ist, präsent zu sein, auch wenn ich selbst nicht immer die Kraft dafür habe. Diese Frage, ob ich genug gebe und genug bin, ist der größte Trigger für mich. Ohne die Rückmeldung von außen versuche ich mein Bestes zu geben– trotz der Müdigkeit nach langen Arbeitstagen, trotz der emotionalen Erschöpfung und der ständigen Balance zwischen Erziehung, Partnerschaft und der Suche nach meinem eigenen Glück und Selbstverständnis. Ich bastle, lache, tröste und liebe, weil ich will, dass mein Kind all das erfährt, was mir selbst oft verwehrt blieb.

In diesem Jahr habe ich viele Kämpfe verloren, was eigentlich untypisch für mich ist. Normalerweise kämpfe ich bis zum letzten Atemzug, aber dieses Mal war es anders. Ich konnte die Wut, die Trauer und die Enttäuschung nicht mehr schlucken, ohne zu ersticken. Und zwischen all den Prüfungen habe ich etwas Wertvolles entdeckt: den Willen zur Heilung. Ich habe gelernt, den Raum für die Heilung zu schaffen – nicht durch hektisches Handeln, sondern durch Akzeptanz. Es ist der Mut, nicht nur von äußeren Bindungen loszulassen, sondern auch von den Geschichten, die ich mir selbst erzählt habe. Schritt für Schritt arbeite ich mich durch die Erlebnisse. Manchmal bin ich wütend, manchmal traurig und manchmal einfach nur erschöpft von all den Gefühlen. Doch ich weiß, dass dieser Weg notwendig ist, um zu mir selbst zurückzufinden.

Ich habe akzeptiert, dass es irgendwann der Moment kommen wird, mich von alten Lasten zu befreien und einen gesunden Raum für mich und mein Kind zu schaffen, ohne von anderen zu einer Entscheidung gedrängt zu werden. Ich möchte niemandem hinterherlaufen, mich nicht ständig erklären oder versuchen, meinen Wert zu beweisen. In meiner Kommunikation habe ich mich oft verloren, bin an meine Grenzen gestoßen und habe resigniert. Doch ich habe gelernt, dass das größte Gut des Lebens seine Endlichkeit ist – und ich möchte endlich glücklich sein. 

Ab jetzt möchte ich mich nicht mehr verpassen.

Der Weg vor mir ist noch lang, aber er fühlt sich nun klarer an. Ich will mir selbst die Erlaubnis geben, einfach zu sein. Ohne Erklärungen, ohne Entschuldigungen, ohne den Drang, mich zu beweisen. Ich will mehr Raum für mich selbst schaffen, neue Aspekte meiner Persönlichkeit entdecken und vor allem: Ich will wieder lernen, das Leben zu genießen. Ich will aufhören, in der Vergangenheit zu leben, und stattdessen die Gegenwart umarmen – mit all ihren Herausforderungen und Wundern. Denn am Ende des Tages geht es nicht darum, wer ich in den Augen anderer bin, sondern wer ich für mich selbst bin.
 
Ich habe keine Lust mehr auf leere Diskussionen, keine Zeit mehr für Menschen, die meine Energie rauben. Ich wähle die Stille und die Klarheit, die sie mit sich bringt. Mein Herz hat entschieden, dass es an der Zeit ist, Frieden zu finden – und dieser Frieden beginnt in mir selbst.
 
Das neue Jahr wird mein Jahr der Selbstliebe. Ich werde lernen, meine eigenen Grenzen zu respektieren und mich stolz für alles zu feiern, was ich bereits erreicht habe. Ich werde mich selbst lieben, wie ich es verdiene. Und ich werde meiner eigenen Stimme vertrauen, der Stimme, die mich an meine wahre Stärke erinnert. Das Leben ist zu kurz, um es mit Zweifeln und Angst zu verschwenden. Es ist an der Zeit, die Version von mir zu leben, die ich immer sein sollte.
Ich gehe mit Hoffnung und Mut ins neue Jahr, bereit, mich selbst wiederzufinden und ein Leben zu erschaffen, das mich erfüllt – tief in meinem Inneren. Für mein Kind, für mich und für die Zukunft, die ich uns wünsche.